Susanne Schulte (Hg.)

Rede, daß ich Dich sehe! Wortwechsel mit Johann Georg Hamann

Die GWK förderte im Jahr 2003 die Veranstaltungsreihe «Rede, daß ich Dich sehe!». Seinerzeit waren 12 renommierte Autoren aus Anlass des 200. Jahrestages der Säkularisation in Westfalen eingeladen, Säkularisierung als existenzielles Phänomen wie im Hinblick auf ihr Schreiben im Ausgang von den Texten des „Magus in Norden“ literarisch zu reflektieren. In 12 Lesungen mit Konzert stellten sie ihre Texte der Öffentlichkeit in den genannten Orten vor.

Diese Originalbeiträge erschienen im Jahr 2007 in der vorliegenden Anthologie «Rede, daß ich Dich sehe!» beim Rimbaud Verlag.

«Rede, daß ich Dich sehe!» – so forsch wie respektvoll fordert Johann Georg Hamann, der «Kreuzesphilologe» aus Königsberg, der 1788 in Münster starb, seinen Gott auf, sich in der Welt, im Buch der Bücher sowie in den Büchern der Natur und der Geschichte zu offenbaren. Auch die Dichtung bezieht Hamann in seine heilsgeschichtliche Universalhermeneutik ein. Sie soll restituieren, was Ratio und Rationalismus zerstören, indem sie das Selbst und seine Welt zur Sprache bringt und dadurch allererst sichtbar macht: «Rede, daß ich dich sehe!» Ein religiöser Sprachdenker und Hermeneutiker durch und durch, weist Hamann zugleich auf das Barock und die Postmoderne. Von ihm her, der als einer der ersten und schärfsten Kritiker der Aufklärung von den Intellektuellen seiner Zeit hoch geschätzt, dennoch einer der «großen Vergessenen der Kulturgeschichte» (Schleiferboom) ist, gewinnt das Projekt der Säkularisierung Kontur. Und die Ästhetik des Magus bietet noch heute der Poesie und Poetik eine ideale Reibungsfläche. Elf Schriftsteller und Schriftstellerinnen sowie ein Theologe setzen sich in Originalbeiträgen mit dem Denken und Schreiben Johann Georg Hamanns auseinander. Der Kreuzesphilogoge provoziert noch heute, zum Quer- und Weiterdenken und -dichten, zum konstruktivistischen Widerspruch, zur emphatischen Bejahung.

Blindheit und Trägheit des Herzens ist die Seuche, an welcher die meisten Leser schmachten […]. Die beste Welt wäre längst ein totes Meer geworden, wenn nicht noch ein kleiner Same von Idio- und Patrioten übrig bliebe, die ein hapax legomenon bogenlang wiederkäuen, zwo Stunden bei Mondschein zu Übersetzungen, Anmerkungen, Entdeckungen unbekannter Länder widmen, ohngeachtet sie des Tages Last und Hitze ertragen haben; – & calices poscunt maiores um nach verrichteter Arbeit und empfangenem Lohn den deutschen Kunstrichtern eine gute Nacht zu wünschen. Johann Georg Hamann

Das Literaturprojekt «Rede, daß ich Dich sehe!» wurde durch die Nordrhein-Westfalen-Stiftung Naturschutz, Heimat- und Kulturpflege, durch den Landschaftsverband Westfalen-Lippe, die Kulturstiftung der Westfälischen Provinzial-Versicherungen und durch die Kunststiftung NRW ermöglicht.

Herausgegeben von Susanne Schulte
Mit Beiträgen von Oswald Bayer, Reinhard Kiefer, Christian Lehnert, Anne Duden, Dorothea Grünzweig, Walter Thümler, Oswald Egger, Ingram Hartinger, Barbara Köhler, Paul Wühr, Hendrik Jackson, Ulf Stolterfoht.

 

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