Lena Henke

2015

Lena Henkes Arbeiten sind von großer ästhetischer Eigenwilligkeit, Vielfältig- und Vielschichtigkeit, von zuweilen still überwältigender sinnlicher Wucht. Mit ihren Skulpturen und Zeichnungen transformiert die Bildhauerin deren Präsentationsraum, so dass ein Ausstellungssaal nicht zufällige Hülle, sondern konstitutiv-aktives Moment einer Arbeit ist: Der Raum insgesamt ist das Werk und dieses ephemer. Die Künstlerin entwickelt Installationen in der strikten, doch nicht in enger Bedeutung des Terminus. Denn in den Kunst-Raum holt sie Gesellschaft und Geschichte sowie ihre eigene Biografie, konkret u.U. die Stadt und die Region, in der ihre Schau stattfindet, hinein – in der GWK-Preisträgerausstellung im Dortmunder Kunstverein etwa schon mit dem Ausstellungstitel „Hellweg“ (der Hellweg durchschneidet die ‚Westfalenmetropole‘ unweit des Kunstvereins) und einem direkt auf die Wand gezeichneten venezianischen Wappen, das Titel und Laufzeit der Schau mit ihrem Namen als Inschrift trägt. Zudem scheint der Ausstellungsort selbst sowie die Institution GWK, die in Spannung zum Lebensmittelpunkt Lena Henkes stehen, die biografische Thematik der Präsentation inspiriert zu haben, in der die Künstlerin ihre ostwestfälische Herkunft mit ihrer Situation als Kosmopolitin in der Weltstadt New York kurzschließt und ihre Selbstbestimmung als Künstlerin reflektiert. Vieles kann für Lena Henke Ausgangspunkt und prinzipiell alles bildhauerisches Material werden. Alltagsgegenstände wie Pferdehalfter und Bindegarn, Klappstühle, Deoflaschen und Tabakdosen sind als Elemente ihrer Objekte mit mehr oder weniger abstrakten, assoziationsträchtigen plastischen Gebilden kombiniert, die z.B. aus Holzplatten oder Stahl, Planen, Seilen, Teer, Farbe oder Epoxidharz gemacht sind. Dazu können Wandzeichnungen kommen, die im Photoshop aus Stadtplänen, Fotografien, Zeichnungen von Kollegen etc. montiert und auf die Wand übertragen wurden. Womit die Künstlerin jeweils arbeitet und in welcher Technik, hängt, ebenso wie ihre Formensprache, von ihrer jeweiligen Absicht ab. Oberflächlich ist ein Henke-Stil nicht festzumachen. Minimalismus trifft hier auf Fülle, Abstraktion auf Gegenständlichkeit, Assoziation auf Recherche und freie Form auf Readymade, steht Referenz semiotischer Offenheit und privater Symbolik, biographische Reminiszenz dem Gesellschaftsbezug gegenüber, das Leichte dem Schweren, Filigran-Fragiles trifft auf Grobes, Bilder vom Leben aufs Memento Mori. Das ist Ausdruck von Freiheit und Souveränität. Allen Installationen ist der große Wurf, die sichere Formgebung, der raumgreifende Gestus gemeinsam und die Balance widerstreitender Momente, die spannend ist und in ihrer Intensität, Frische, Vitalität beeindruckt und überzeugt.

Susanne Schulte, Laudatio GWK-Förderpreis Kunst 2015

Künstlerin

*1982 Warburg
Staatliche Hochschule für Bildende Künste, Städelschule, in Frankfurt a.M. bei Martha Rosler und Prof. Michael Krebber
Meisterschülerin bei Michael Krebber
Erasmus-Stipendiatin an der Glasgow School of Art

Homepage der Künstlerin

Jury

Oriane Durand, Dortmunder Kunstverein
Georg Elben, Skulpturenmuseum Glaskasten Marl
Benjamin Greber, GWK-Förderpreis 2011
Jule Hillgärtner, Kunstverein Braunschweig
Ingrid Raschke-Stuwe, freie Kuratorin, Kunsthistorikerin, Saerbeck