mommenta Münsterland 06.11.2019

Jun-Ho Gabriel Yeo (Klavier): Miroirs
06.11.2019

Miroirs: Dramen der Seele und Bilder von verlorener Unschuld, Natur, Narretei. Mal ungestüm-stürmisch, mal einfühlsam und zart, so sehnsuchts- und fantasievoll wie meisterhaft virtuos, vermeintlich naiv oder abgeklärt, abgründig: Jun-Ho Yeo hält uns den Lebensspiegel vor.

Der 21-Jährige stammt aus Münster, studiert in Hannover, zur Zeit im Auslandssemester in Seoul. 2015 wurde er mit dem GWK-Förderpreis ausgezeichnet, danach auch bei internationalen Wettbewerben.

Schuberts a-Moll-Sonate ist als Tragödie zu hören. Wie nackt tritt das Innerste nach außen, ungeschützt, kunstvoll kunstlos im Ausdruck. Punktierte Rhythmen nehmen Jazzfeeling vorweg, Seufzer, etwas wie ein Trauermarsch kommt nicht ins Marschieren. Ein Lied, das sich aufschwingt: Verheißung, gebrochen. Fast obsessiv wiederholt sich das rhythmische Motiv.

Modern, irgendwie nah am Jazz, ist Weinberg. Der polnische Jude floh vor den Nazis nach Russland. Seine Sonate in a-Moll schrieb er 1942 in Taschkent. Rhythmisch besessen, virtuos verspielt, ein wenig skurril-geheimnisvoll der 1. Satz. Dann eine Art Walzer überm Abgrund, ein singender langsamer Satz. Eleganz im Rondo, bis am Ende der Rhythmus des Anfangs und Heiterkeit durchschlägt.

Intim und glückselig die „Kinderszenen“ von Schumann. (Der Hit: „Träumerei“.) Nicht für Kinder, als „Rückspiegelung eines Älteren für Ältere“ schrieb der 28-jährige die Miniaturen. Hatte der Komponist darin die höhere, „zweite Kindheit“ der Romantiker im Sinn? Verkündet er am Schluss, wenn mit einem Choral „der Dichter spricht“, die Entgrenzung der Künste durch die Kunst, den Aufschwung der Seele in ein Göttliches?

Bilder in Musik malt Ravel mit seinen technisch höchst anspruchsvollen, raffiniert nuancierten „Miroirs“: einen Nachtfalter, der eine Kerze umflattert, „Vögel, versunken in der Erstarrung eines ganz dunklen Waldes in den heißesten Stunden des Sommers“ (Ravel), eine Barke auf wogendem Ozean. Lustig-verrückt das Morgenständchen des Narren: rasende Tonrepetitionen, „tolle“ Glissandi und Dissonanzen – ein blendendes Virtuosenstückchen. Zuletzt das Tal der Glocken, die hell und dunkel schlagen, bis in seiner Weite ihre Klänge verhallen –

Programm: MIROIRS – SPIEGEL

Franz Schubert (1797–1828): Sonate a-Moll, D 784
Mieczyslaw Weinberg (1919–1996): Sonate a-Moll, op. 8
Robert Schumann (1810–1856): Kinderszenen, op. 15
Maurice Ravel (1875–1937): Miroirs

Zeit und Ort

19:30 Uhr,WestLotto
Weselerstraße 108–112 | Münster

Die Westdeutsche Lotterie GmbH & Co. OHG, kurz: WestLotto, ist die Lottogesellschaft des Landes NRW. Als Tochterunternehmen der NRW.BANK und der Nordwestlotto in Nordrhein-Westfalen GmbH führt sie im staatlichen Auftrag Glücksspiele in NRW durch. In der Unternehmenszentrale in Münster sind rund 350 Mitarbeiter*innen beschäftigt.

 

Das Gebäude wurde 1958 von dem münsteraner Architekten Harald Deilmann (1920–2008) für die Landes-Lotteriegesellschaft errichtet, damals noch inmitten von Grün. Als Ordnungsprinzip der ursprünglichen Anlage dient das Quadrat, was, wie das Lotto-Logo, von der symbolträchtigen Würfelform inspiriert ist. Aus dem Quadrat hat Harald Deilmann nicht allein die Architektur und Fassade mit dem schwarz glasierten Klinker, sondern auch Einbaumöbel und Bodenfliesen entwickelt. Ebenfalls nach seinen Plänen kam 1978 das Turmgebäude hinzu und wurden 1994 das Verwaltungsgebäude aufgestockt und ein neuer Treppenturm errichtet. 2002 baute das Düsseldorfer Büro Lindner Architekten die ca. 600 qm großen Säle, in denen zuvor hunderte von Frauen die Lottoscheine manuell ausgewertet hatten, zu einem Rechenzentrum und zu Sitzungs- und Veranstaltungsräumen um. Dabei wurde die architekturgeschichtlich bedeutende Decke, das freitragende Raumfachwerk des Herstellers Mannesmann, als raumprägendes Element erhalten.

Das Konzert findet im Veranstaltungssaal statt.